Kolibri Kollision
Die Nacht auf dem Sand Island Campground war sehr ruhig und erholsam. Vom nebenan verlaufenden Highway haben wir Nachts nichts gehört. Heute morgen ist es allerdings recht bewölkt und kühl. Nicht so schlimm, denn heute ist wieder der Weg das Ziel und ein Großteil der Strecke ist als Scenic Byway ausgewiesen.
Nach dem Frühstück brechen wir um 9 Uhr in Richtung Goblin Valley State Park auf. Wir sind noch auf der US-191 als es nach kurzer Zeit beginnt es zu regnen und es wird kühler, so dass wir wieder die Heizung anwerfen. Vor Blanding biegen wir auf die Utah State Route 95 der als "Bicentennial Highway" auch auf die Liste der National Scenic Byways aufgenommen wurde. Das wäre an sich schön, aber es regnet immer mal wieder und viele dunkle Wolken am grauen Horizont lassen unsere Hoffnung auf besseres Wetter schwinden. Deshalb lassen wir den angedachten Zwischenstop am Natural Bridges NM aus und fahren weiter.
Unterwegs setzt der Regen immer mal wieder etwas aus was wir zu Stops am Wegesrand nutzen. Wir sehen von Wolken umgebene Berge, wenige Meter tiefe "Mini-Canyons" und machen ein paar Bilder, die wir - dank 4 Balken AT&T auf dem iPhone - per Mail als Lebenszeichen nach Hause schicken. Keine 10 Minuten nachdem wir unterwegs sind setzt wieder Regen ein, der immer stärker wird je weiter wir uns dem östlichen Ausläufern des Lake Powell nähern. Zuerst passieren wir die Brücke über den Colorado River und wenige Minuten später fahren wir über den Dirty Devil River, der wie der Colorado in den Lake Powell mündet. Ab hier geht es wieder etwas bergauf aber wir unterbrechen unsere Fahrt kurz und halten Punkt 12:00 am Hite Overlook. Es regnet immer noch und wir ahnen, dass der Ausblick bei schönem Wetter gigantisch sein muss. Hier und jetzt macht uns aber der Regen einen Strich durch die Rechnung und so fahren wir weiter.
Unsere Route über die UT-SR-95 an der Bull Mountain Wilderness vorbei in Richtung Hanksville/Utah. Dort tanken wir sicherheitshalber nochmal nach bevor wir der Utah State Route 24 in nördlicher Richtung folgen. Langsam reisst die Wolkendecke auf und das Grau-in-Grau wird immer mehr von blauem Himmel abgelöst. Etwa 15 Meilen nördlich von Hanksville biegen wir um 13:45 auf die die Temple Mtn Rd ab und kommen nach ein paar weiteren Meilen zum Goblin Valley State Park. Leider ist der Campground komplett voll und auch die ADA Site ist belegt. Wir hatten einige Wochen vor unserer Reise sicherheitshalber beim Utah State Park Service nachgefragt ob Karins deutscher Ausweis akzeptiert wird was bejaht wurde. Die nette Rangerin hier am Goblin Valley empfiehlt uns morgen zwischen 8 und 9 Uhr wieder zu kommen denn dann werden die freien Sites vergeben.
Soweit so gut, dann also Plan B. Um den State Park herum gibt es sehr viel Public Land, welches vom BLM verwaltet wird und auf dem Boondocking explizit erlaubt ist. Wir fahren also die Straße zurück und sehen nach etwa 5 Meilen etwas abseits einen Sandplatz an einer kleinen Straße zwischen der Crack Canyon und San Rafael Reef Wilderness Study Area. Der Platz ist etwa 300 Meter lang, 50 Meter breit und es steht bereits eine relativ neue 40 Fuß A Klasse am einen und ein älteres A-Klasse RV am anderen Ende. Eine Info-Tafel gibt Hinweise, dass das Bureau of Land Management den Platz "betreibt" und das passt perfekt. Wir stellen uns an den der Straße abgewandten Rand etwa in die Mitte zwischen den beiden bereits hier abgestellten Womos und haben so auf beiden Seiten etwa 120 Meter Abstand zu unseren Nachbarn.
Es ist warm, wir haben etwas blauen Himmel und vor allem regnet es nicht. Also die Campingstühle ausgepackt und das Wetter geniessen. Während wir lesen fliegen plötzlich drei kleine Vögel an uns vorbei, direkt danach gibt es einen dumpfen schlag und wir entdecken einen kleinen Kolibri, der am Boden liegt. Ob er noch lebt? Irgendwo habe ich mal gelesen, dass diese flinken kleinen Vögel im Sturzflug Beschleunigungskräfte von fast 10G wegstecken - was jeden Air Force Piloten vor Neid erblassen lässt. Es ist also durchaus möglich, dass er noch lebt. Nach 30 Sekunden bewegt er sich etwas und wir überlegen was wir tun können. Da fällt mir ein, dass Toerless ja seine Kolibris in Mountain View mit Zuckerwasser anlockt und so gehe ich ins Wohnmobil und löse einen Zuckerwürfel in etwas Wasser auf - schaden wird es wohl nicht. Als ich rauskomme sitzt der arme Vogel da und schaut uns an. Wir warten etwas bis wir uns ihm mit dem Zuckerwasser nähern und als wir 30 cm entfernt sind fliegt er weg. Nochmal glück gehabt. Bye-bye und gute Besserung...
Nachdem der Kolibri weg ist lesen wir noch etwas aber irgendwann wird mir das zu langweilig und so schnappe ich mir die Kamera. Der unterhalb des Platzes verlaufende Wash und die Felsen auf der anderen Seite laden zum kraxeln und fotografieren ein. In nordwestlicher Richtung sehe ich einige dunkle Wolken, aber das schlechte Wetter scheint an uns vorbei zu ziehen.
Als es dunkler wird und etwas abkühlt ziehen wir uns ins WoMo zurück und bereiten das Abendessen zu: Leckere Turkey Sandwiches.
Gefahrene Meilen: 184,6
Heutiger Meilenendstand: 5595,9