Der Urlaub beginnt

Wir haben den Wecker auf 05:50 gestellt unser “familiärer Shuttleservice” ist für 08:00 bestellt. Karin steht um 6 Uhr auf und ich gönne mir noch eine halbe Stunde - wir haben gestern bereits alles gepackt und können es heute ruhig angehen lassen. Um 08:15 geht es los und wir sind bereits um 08:30 am Flughafen. Check-in um 08:30 klappt reibungslos und noch läuft alles nach Plan.

Da es aus MUC leider keine direkten Flüge mehr nach Florida gibt müssen wir über Frankfurt. Unser Zubringer ist ein Airbus 321 NEK der als LH105 um 10:00 nach Frankfurt starten soll.

Beim Security-Check erwarte ich das für mich übliche Programm in MUC: durch alle Objektive durchschauen, Beutel mit Akkus und Kabeln überprüfen, Sprengstofftest mit Tuch und anschliessender Kontrolle im Gaschromatographen. Heute hat man dazu offenbar keine Lust - ich muss nur kurz die Kamera einschalten.

Kurz nach neun sind wir am Gate und warten eine Weile. Gegen 09:50 kommt der Pilot zum Gate für die erste Durchsage: Es hätte in Frankfurt geschneit, 5 cm gibt er durch. Wegen des dadurch verursachten Chaos soll unser Flug auf Anweisung (vermutlich von der Flugsicherung) erst um 12:00 starten, um den Flugraum um Frankfurt frei zu halten. Toll, der Flug MUC-FRA dauert 1h10m laut Plan und unsere Maschine nach Orlando soll um 13:20 starten. 10 Minuten zum Umsteigen in Frankfurt? Das ist nicht zu schaffen. Wegen 5cm Schnee solch ein Chaos in Frankfurt? Irgendwie erinnert mich das an die Meldungen vom Dezember 2010. Schon schlimm dieses Wetter, wer kann auch damit rechnen das es schon wieder im Dezember schneit in unseren Breiten. Den Rat an die Verantwortlichen des Frankfurter Flughafen damals sich in Stockholm anzuschauen wie man das mit dem Schnee macht wurde vermutlich nicht beherzigt.

Nach der Durchsage am Gate bildet sich die erwartete Traube von Menschen um den Schalter - fast alle haben irgendwelche Anschlussflüge zu erreichen. Nach wenigen Minuten die nächste Durchsage: man werde versuchen um 10:30 mit dem Boarding zu beginnen und versuchen früher los zu kommen. Gleichzeitig ruft man die Passiere mit knappem Anschlussflug auf - sie sollen im Servicecenter gleich umgebucht werden. Der Rest solle an Board gehen - es ist ja anzunehmen das auch die Anschlussflüge Verspätung haben werden. Falls nicht würde man in Frankfurt umbuchen.

Wir entscheiden uns nach Frankfurt zu fliegen. Die Alternative wäre einen Tag später zu fliegen - da kann ich dann genau so gut in Frankfurt übernachten. Das Boarding beginnt um 10:20 und geht relativ schnell. Die Maschine ist aber eigenartigerweise immer noch fast voll. Um 10:42 kommt die Durchsage das unser Slot aktuell 11:15 ist und wir damit um 12:15 in Frankfurt wären. Um 11:17 macht sich die Maschine auf den Weg zur Startbahn und um 11:27 heben wir ab.

Es ist 12 Uhr und wir gehen in den Sinkflug. Die Copilotin gibt durch das in Frankfurt gerade eine Bahn geräumt wird und der Controller die Anweisung zum verlangsamen des Anflugs gegeben hat und wir jetzt eine Warteschleife über dem Spessart drehen. Unsere Landung würde sich damit um etwa 6 Minuten verzögern. Das war wohl etwas optimistisch, denn wir setzen um 12:29 auf.

Am Boden rollen wir langsam Richtung Gate bis wir stoppen. Durchsage: Die Gates sind blockiert, die Wege auch, wir müssen “kurz” Warten. Die nächste Meldung: das Gate für die Ankunft ändert sich - von A18 nach A32. Unser Abflug nach Orlando hat sich auch geändert laut SMS: Gate Z62 und Abflug soll um 15:00 sein. Bevor wir die Maschine verlassen können ruft man Karin aus, sie wird direkt am Ausgang erwartet. Das Rätsel löst sich gleich auf: Karin wird mit einem Rollstuhl erwartet. Vermutlich eine nette Stewardess hat in München bemerkt, dass Karin humpelt und wegen der Änderungen unserer Gates & der Entfernungen in Frankfurt jemanden bestellt. Ein paar Meter hier, ein Aufzug dort, noch einige Meter und eine Passkontrolle und wir steigen auf einen Elektrowagen um der uns durch den halben Flughafen zum Gate Z62 bringt. Vom Ankunft-Gate bis zum Abflug-Gate waren wir etwa 15-20 Minuten unterwegs. Zu Fuss hätten wir vermutlich eine Stunde gebraucht.

Bei Ankunft an Gate Z62 um 13:30 frage ich die Mitarbeiterin der Lufthansa ob sie zufällig schon wisse wann LH464 nach Orlando bereit stehen würde. Die Antwort ist ziemlich unwirsch: “Der Flug nach Orlando wird definitiv nicht hier abgehen” und schon verschwand die Dame. Ein Blick auf die iPhone App des Frankfurter Flughafens, die App der Lufthansa und die Anzeigetafeln im Flughafen zeigen immer noch das alte, falsche Gate. Zwischendrin kommt noch eine Durchsagen für den United Flug nach IAD - die Anzeigen würden das falsche Gate ausweisen und man solle nur die Durchsagen beachten.

Es ist inzwischen 13:45 als ich über die FRA-App eine Push-Nachricht bekomme: Neues Gate Z56. Durchsage bisher keine. Aufgrund der Durchsage für den Flug nach Washington warten wir sicherheitshalber einige Minuten. Es kommt keine Durchsage. Also machen wir uns auf den Weg zum neuen Gate. Wir kommen dort um 14:00 an und ich frage wieder freundlich nach. Die Antwort ist nicht sonderlich freundlich "das boarding für Orlando findet sicher nicht vor 15:00 statt". Ich verstehe ja wenn man ob des Chaos genervt ist, aber als Passagier kann ich wenig dafür. Zwei unfreundliche Mitarbeiter der Lufthansa in Frankfurt in kurzer folge. Nunja…

14:10 - die nächste Durchsage: Unsere Maschine ist noch unterwegs und soll bald ankommen. Nach dem Aussteigen der Passagiere muss die Maschine noch gereinigt werden, das Essen muss auch noch geliefert werden bevor mit dem Boarding begonnen werden kann. Damit ist klar das ein Boarding um 15:00 unrealistisch ist. Wir vermuten inzwischen das 16:00 realistischer ist. Die LH Mitarbeiterin am Gate Z62 wusste das offenbar schon um 13:30. Warum gab es dazu keine Durchsage oder ein Update auf den Infotafeln, Lufthansa oder FRA-Apps?

Um 14:45 gibt die iPhone-App des Frankfurter Flughafens als Abflugzeit inzwischen 16:30 an. Eine Durchsage am Gate gibt es nicht. Ich denke an Hanlon's Razor… Die nächste Durchsage kommt erst um 15:20: Die Maschine sei jetzt da, wurde aber noch gereinigt und das Catering muss noch aufgefüllt werden. Noch sei nicht abzusehen wann das Boarding beginnen kann. Was für eine Farce wegen 5 cm Schnee. Um 15:33 wird es interessant. Die FRA-App meldet sich: Das Gate für unseren Flug sei jetzt offen. Wir schauen nach: Es ist noch geschlossen.

Das Boarding beginnt erst um 16:00. Aber immerhin hoffen wir das das Chaos nun hinter uns lassen. Für Gate Z56 und Z54 gibt es scheinbar nur eine Parkposition, die ist aber von einer kleineren Maschine von United Airlines blockiert. Deshalb wartet unser Airbus 340-600 mit 306 Sitzplätzen für geschätzt etwas mehr als 200 Passagiere auf einer Aussenposition. Wir werden mit dem Bus hingebracht. Wir gehen also durch das Gate und über Treppen geht es 3 Stockwerke hinunter zum Bus. Der wartet schon und bringt uns nach langer Fahrt quer über das Flughafengelände zu unserem Flieger. Da steht der A340-600 D-AIHK aka “Mainz”. Schnell nachgeschaut in der Liste der LH Maschinen ob er wenigstens Lufthansa FlyNet (Internet im Flieger) hat. Leider nicht. Glück haben wir heute wirklich nicht viel.

Wir warten nun schon 10 Minuten stehend im Bus. Um den Flieger liegt etwas Schnee. Der Busfahrer bekommt eine Mitteilung per Funk. Aussteigen ist nicht und “Das dauert auch noch”. Die Leidensgenossen im Bus üben sich im Galgenhumor.

Um 16:40 können wir endlich in den Flieger. Gleichzeitig meldet sich die FRA-App wieder: Abflug auf 16:50 verschoben. Es ist aber inzwischen schon 16:45 und nach uns kommen noch Passagiere. Die Abflugzeit ist völlig unrealistisch. Um 16:47 meldet sich der Pilot und entschuldigt sich für 3h30m Verspätung. Unsere Ankunftszeit in Orlando sei voraussichtlich 21:30 Ortszeit dort.

Wir warten geduldig und irgendwann rollen wir los und es geht ohne Unterbrechung zum Runway. Wir heben um 17:25 Ortszeit in Frankfurt ab. Der Flug ist ereignislos. Einige Passagiere haben es wohl nicht rechtzeitig geschafft oder wurden umgebucht. Wir sitzen auf 40A/40C und die beiden Sitze vor und hinter uns sind frei. Nach dem Essen mache ich es mir auf 41A/C bequem und schlafe eine Runde und danach auch noch eine Zweite. Der Tag war bis jetzt schon recht lang aber wir haben es ja hinter uns. Was kann jetzt noch passieren…

Um 21:34 setzt unsere Maschine in Orlando auf und wir rollen zum Gate. Nun gibt es 10 Minuten Verzögerung - die Brücke lässt sich nicht an der Maschine ankoppeln. Murphy schlägt wieder zu.

Nachdem das Problem mit dem Gate gelöst ist gehen wir zur Immigration. Es geht zwar abwärts, aber über ein Gefälle statt Treppen wie in Frankfurt. Um 22:06 kommen wir in der Einwanderungshalle an. Es sind 4 Schalter offen. Die Fluggastdaten liegen dem Department of Homeland Security schon vor Abflug in die USA vor. Dass man die Daten dann wenigstens auch zum Vorteil der Passagiere nutzt, braucht man natürlich nicht anzunehmen. 4 Mitarbeiter für geschätzt über 200 Passagiere und bei fast allen das volle Programm (alle Fingerabdrücke, Fotos, Passkontrolle, Gespräch mit dem Immigration Officer) da wohl nur wenige US Bürger dabei sind sind eindeutig zu wenig.

Lächle und sei froh denn es könnte schlimmer kommen. Wir lächelten schon lange nicht mehr, aber es kam trotzdem schlimmer: Um 22:30 fällt uns auf, dass nur noch 2 Schalter offen sind. Keine Ahnung wo die anderen beiden hin sind, aber der Supervisor läuft rum und schaut wichtig aus, äh, ich meine er supervised. Auf 2 Indianer kommt jetzt ein Häuptling. Der ist sicher für die komplizierten Einreiseprozedur nicht geschult… Gegen 23:00 sind wieder 4 Schalter besetzt - von 30 insgesamt. Es zieht sich hin und um 23:30 sind wir durch.

Wir sind in einem von vier Aussenterminals die jeweils mit einem automatischen Zug mit dem Hauptterminal verbunden sind. Die Fahrt an sich ist schnell (etwas mehr als eine Minute), aber warum für einen automatischen Zug ein extra Mitarbeiter Sperrbänder vor den Türen öffnet muss man glaube nicht verstehen.

Wir gehen zum Alamo Schalter, der Papierkram dauert keine Minuten - bezahlt ist bereits alles und ausreichend versichert sind wir auch. Die Fahrzeuge sind im Parkhaus und beim von uns gebuchten Midsize-SUV haben wir Auswahl zwischen 10 verschiedenen Wagen. Auch ein VW Tiguan ist darunter. So paradox es auch klingt, aber weil der Tiguan ein TDI (=Diesel) ist, nehmen wir lieber den Jeep. Meine Erfahrung mit Diesel an US Tankstellen vor vielen Jahren war “dürftig”. Also den Spritschlucker. Ein bisschen schlechtes Gewissen haben wir schon…

Die Temperaturen in Orlando sind um diese Uhrzeit immer noch heftig. Es ist schwül und hat gefühlt über 20 Grad Celsius.

Es ist nach Mitternacht in Orlando und damit sind wir jetzt 24 Stunden auf den Beinen. Wir wollen nur noch ins Bett. Ankunft am Hotel 01:00, 20 Minuten später schlafen wir schon fest

Kurz bevor ich den Bericht für heute schreibe sehe ich noch folgendes von der Lufthansa auf Twitter:

Zu Einschränkungen wegen Winterwetter - besonders in Frankfurt wegen Nachtflugverbot - prüfen Sie bitte http://t.lh.com/mnLA . /Anna

LufthansaDE versucht sich doch tatsächlich mit dem Frankfurter Nachtflugverbot rauszureden.

Liebe Lufthansa, an anderen Flughäfen bricht bei 5cm Schnee kein Chaos aus, auch tagsüber zu Spitzenzeiten. Das Nachtflugverbot hat damit nichts zu tun und der Hinweis darauf ist versuchte Stimmungsmache gegen das Nachtflugverbot in Frankfurt.